Die vorletzte Runde führte uns nach Köthen zur 3. Mannschaft des CFC Germania 03. Die Köthener sind schon traditionell eine kleine Wundertüte der Liga. In Stammbesetzung können sie jeden schlagen, auch uns, nur treten sie selten in Stammbesetzung an. Und so war es auch diesmal, Köthen verzichtete gleich komplett auf die ersten 5 Bretter. Im Fußball würde man wohl von B-Elf sprechen. Wir verzichteten rotationsbedingt auf Oerti. Die Spielstärken waren recht deutlich verteilt. An den ersten 3 Brettern hatten wir an jedem Brett mindestens 200 DWZ-Punkte Vorteil, an den hinteren Brettern aber 240 bis hin zu 540 DWZ-Punkte Nachteil. Wir brauchten ein 3:3 zur Verteidigung der Tabellenführung. Und so war das erklärte Ziel wie immer vorne 3 Siege und hinten idealerweise ein halber Zähler. Mit vier Siegen in Folge gegen Köthen machte uns dabei auch die Historie Hoffnung.
Für Fabian war es ein Heimspiel, schließlich ist er seit Kurzem als Student an der hiesigen Hochschule Anhalt des Öfteren in Köthen anzutreffen. Allerdings konnte er diese besondere Motivation nicht aufs Schachbrett bringen. Fabian behandeltete die Eröffnung der italienischen Partie vollkommen falsch und wurde direkt überspielt. Mit Minusturm und unrochiertem König war die Messe dann auch schnell gelesen.
Deutlich heftigere Gegenwehr lieferte Bruder Sebastian. Obwohl seine Kontrahentin 549! DWZ-Punkte Übergewicht hatte, hielt Sebatian gut dagegen und leistete maximalen Widerstand. Letztendlich war die Köthenerin aber doch zu stark und Sebastian musste aufgeben.
Mit dem 0:2-Zwischenstand liefen wir schon frühzeitig einem Rückstand hinterher. Und auch an den weiteren Brettern sah es nicht gut aus, lediglich Dirk hatte leichte Vorteile angehäuft. Für den 1:2-Anschlusstreffer sorgte aber Frank. Eigentlich war bei Frank ein remises Damenendspiel mit ungleichfarbigen Läufern entstanden, Spannung war nicht wirklich erkennbar. Franks Kontrahent verzichtete aber auf simple Züge zur Stabilisierung der Königssicherheit. Dies nutzte Frank gekonnt aus, trieb den gegnerischen König in die Brettmitte und entschied auf den Läuferfeldern die Partie doch noch für sich. Die Hoffnung war zurück.
Hinten kam der halbe Punkt. Tilo kam im geschlossenen Sizilianer gut aus der Eröffnung, verpasste es dann aber weiteren Druck aufzubauen. Stattdessen gestattete Tilo den gegnerischen Springern in die eigene Stellung einzudringen und übersah eine für ihn günstige Abtauschkombination. Doch sein Gegner war nicht zum Kämpfen aufgelegt und bot Remis. Den halben Zähler nahm Tilo gerne mit.
Dirk hatte zunächst Fortschritte im Kampf um das Zentrum zu verzeichnen. Die Vorteile verflüchtigten sich aber. Bei ungleichfarbigen Läufern war das Turmendspiel nicht zu gewinnen. Da ihm meine Stellung auch keine Hoffnung machte lehnte Dirk sämtliche Remisgebote ab und hoffte auf einen Fehler des jungen Köthener Gegners. Diese stellten sich aber nicht ein, sodass Dirk die Partie Remis geben musste.
Ich spielte zum wiederholten Male in dieser Saison Grütze. In der Caro-Kann-Verteidigung kam ich mit den weißen Steinen aussichtsreich aus der Eröffnung. Doch im Mittelspiel fehlte es mir wie zuletzt des Öfteren an Ideen, um aus meiner Stellung auch was zu machen. Anstatt den Angriff am Damenflügel fortzuführen, spielte ich Verteidigungszüge und zudem auch noch schlechte. Eigentlich kam ich vollkommen unter die Räder, doch mein Gegner spielte den Angriff nicht mit der letzten Genauigkeit, sodass ich in ein nur leicht schlechteres Springerendspiel entglitt. Aber auch dieses vergeigte ich gekonnt. Eigentlich war die Stellung erneut klar verloren, das Remisangebot meines Gegners war wohl der Absicherung des Köthener Mannschaftssiegs geschuldet. Ich musste es annehmen, Gegenspiel war nicht mehr in Reichweite. Keine gute Saison für mich. Verwunderlich, dass ich trotzdem noch ohne Niederlage in der Liga dastehe.
Die Enttäuschung über die erste Saisonniederlage war und ist groß. Parallel gewann Piesteritz deutlich mit 5:1 und zog punktgleich mit dem um 2 Brettpunkte besserem Torverhältnis an uns vorbei. Tilo und ich verabschiedeten sich direkt in Richtung Amsterdam zum Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft. Auf dem Weg dorthin war genügend Zeit um die Gründe für die Niederlage zu erörtern. Zunächst stellten wir ca. 28 Mal fest, dass es an Tilo nicht lag und schwankten dann zwischen Dirk und ich haben es vergeigt bis hin zu "wir waren einfach mal dran", schließlich hatten wir zuvor schon gegen Pratau und Piesteritz glücklich gepunktet. Vom Punktgewinn waren wir in Köthen jedenfalls weit entfernt, tendenziell hätte die Niederlage eher noch höher ausfallen müssen.
Bei 2 Brettpunkten Rückstand müssen wir in der letzten Runde unser Spiel gegen den Holzweißiger SV gewinnen und auf einen Ausrutscher der Piesteritzer hoffen. Der letzte Spieltag, die zentrale Runde bei uns in Jessen, verspricht somit noch reichlich Spannung. Wir werden Rang 1 nochmal angreifen!