Spielsaal Staufer Open in Schwäbisch Gmünd
Das neue Jahr beginnt für mich gleich mal mit einem Schachturnier. In Schwäbisch Gmünd findet vom 2. - 6. Januar das Staufer Open statt, nach Organisatorangaben ist es das zweitgrößte Schachturnier in Deutschland hinter dem Grenke-Open. Aufgeteilt auf A- und B-Open sind immerhin rund 450 Schachspieler dabei. Ich trete im A-Open an.
Der Turnierauftakt glückte komplett. Gegen Jan Jaskulski (SV Jedesheim 1921, DWZ 2003) erhielt ich ausgangs der Eröffnung eine sehr bequeme Stellung, in der ich mir dann gar keinen Plan mehr zu überlegen brauchte. Jan streute 2 Fehler ein, ich griff zu und verwertete problemlos. Nach Runde 1 habe ich damit schon alle meine Ziele, nämlich einen Spieler mit DWZ >2000 zu besiegen erreicht. In den folgenden Runden trete ich aber trotzdem noch an.
Freiluftschach im Stadtzentrum
Auch in Runde 2 sah es lange Zeit richtig gut aus. Gegen Edmund Player (FC Bayern München, DWZ 2230) konnte ich mit den schwarzen Steinen ausgleichen und auch im Mittelspiel sämtliche Drohungen neutralisieren. Erst im Endspiel, als wir abends ca. 21.30 Uhr beide nur noch vom Inkrement lebten, kam die höhere Spielstärke des Engländers dann doch noch zum Vorschein und ich musste nach 5 Stunden Kampf die Waffen strecken. Trotz der Niederlage war ich mit meiner Leistung zufrieden.
In Runde 3 saß mir einer dieser zahlreich im Turnier vertretenen, aufstrebenden Jugendspieler gegenüber. Gegen den 12-Jährigen Lloyd Shang Burkart (SV Hofheim 1920, DWZ 1900) setzte ich im Sizilianer voll auf Attacke, gewann aber nur einen Bauern und hatte selbst noch mit Entwicklungsrückstand zu kämpfen. Lloyd wehrte meine Drohungen ab und übernahm nach und nach das Zepter. Im Mittelspiel stand ich zumindest unangenehm, dafür hatte mein Kontrahent bereits mit Zeitnot zu kämpfen. Wir machten es kurz, einigten uns auf Remis und schonten unsere Kräfte für die Nachmittagsrunde.
Gerade mal 2 Jahre älter als Lloyd Shang war mein nächster Gegner. Sam Karle (SC Nusplingen, DWZ 1769) ist auch in die Kategorie der aufstrebenden Nachwuchsspieler einzuordnen. Mit den schwarzen Steinen erhielt ich in der Eröffnung greifbaren Vorteil, lehnte diesmal 2 Remisangebote ab und knetete in Richtung Sieg. Letztendlich fand Sam aber immer eine Antwort auf die Probleme, die ich ihm stellte. Mein Vorteil verflüchtigte sich und Sam hatte sich das Remis redlich verdient. Die Punkteteilung entstand durch 3-malige Zugwiederholung im Turmendspiel.
Im Massagesalon wähnte ich mich auch in Runde 5. Gegen Fabian Schmidt (SV Königsjäger Südwest Berlin, DWZ 1811) packte ich eine Italienisch-Variante aus, die wir wohl beide noch nie auf dem Brett hatten. Der Lohn meiner Eröffnungsvorbereitung war ein Minivorteil auf dem Brett und kleiner Vorteil auf der Uhr. Als ich schon befürchtete, mich wieder mit einem Remis begnügen zu müssen, beging Fabian nochmal einen kleinen Fehler und ich "massierte" solange weiter bis er richtig daneben griff und ich mit einer netten Kombination Material einheimste. Fabian gab umgehend auf.
Zum "Schachbezirk Dessau Derby" kam es in Runde 6. Mit Oberligaspieler Sebastian Pallas (SG 1871 Löberitz, DWZ 2198) hatte ich ein gehöriges Brett zu bohren. Mit den schwarzen Steinen lief es wirklich glatt für mich. Ich erreichte in der Eröffnung alles was sich der Schwarz-Spieler wünscht und neutralisierte auch im Mittelspiel Sebastians Angriffsbemühungen. Wohl gerade noch rechtzeitig bot Sebastian dann im Leichtfigurenendspiel remis. Ich nahm an, obwohl ich schon vermutete, dass dieses Endspiel für mich besser sein müsste. Jedoch war mir der Vorteil noch zu gering, um gegen einen Mann wie Sebastian weiterzuspielen. Starkes Schwarz-Remis für mich!
Sxe5 mit hervorragenden Siegchancen
Im Sack hatte ich eigentlich auch schon meinen nächsten Gegner Fidemeister Josef Gheng (SK Wernau, DWZ 2241). Laut Computer stehe ich im nebenstehenden Diagramm bereits mit 7,3 Bauerneinheiten Vorteil klar auf Gewinn. Der richtige Zug Sxe5 liegt auf der Hand und ich rechnete ihn lange durch. Leider habe ich eben nur eine Spielstärke von rund 1900 DWZ und dachte die ganze Zeit nach g4 hängt mein Springer auf h3 und checkte nicht, dass inzwischen der e5 vom Brett verschwunden ist und mein Sh3 dann das Feld f4 bekommt. Zwei Züge später übersah ich dann gleich mal einen Figurenverlust und die Partie war dahin. Ein bitteres Partieende, da lag eigentlich eine mittelschwere Überraschung in der Luft.
Trotz der Niederlage saß mir in der Nachmittagsrunde gleich der nächste 2200er gegenüber, wenn auch diesmal kein FM. Gegen Lennart Uphoff (SC Bavaria Regensburg 1881, DWZ 2201) konnte ich mir zwar keinen Vorteil erspielen, geriet bis ins tiefe Mittelspiel aber auch nicht ins Hintertreffen. Irgendwann schaffte es mein Gegner dann doch Druck zu entwickeln. Ich erinnerte mich aber daran, dass alle Turmendspiele Remis sind und wickelte in ein Turmendspiel mit Minusbauern ab. Erst als ich es dann auf dem Brett hatte, merkte ich, dass es vielleicht Remis ist, ich aber überhaupt keinen Plan hatte, wie ich mich verteidigen muss. Zielstrebig führte mein Gegner den Mehrbauern zum Umwandlungsfeld, sodass ich ihm nach 5 Stunden Kampf doch noch zum Sieg gratulieren musste. Eine Doppelnull zum Donnerstag für mich, die der Laune aber keinen Abbruch tat.
In der 9. und letzten Runde wollte ich nochmal angreifen und mit einem Schwarzsieg das Turnier abschließen. Ralf Büse (SC Ladja Roßdorf, DWZ 1863) berichtete schon vor der Partie von Konditionsproblemen und dem Wunsch nach 9 Runden nur noch nach Hause zu kommen. Folglich bot er auch im 12. Zug Remis, was selbstverständlich abgelehnt wurde. Im Londoner System übernahm ich aus der Eröffnung heraus die Initiative und machte ordentlich Druck am Damenflügel. Dort verteidigte sich mein Gegner umsichtig, sodass ich auch am Königsflügel angriff, um eine zweite Schwäche zu schaffen. Dies gelang mir und Ralf griff fehl, was dann vielleicht wirklich der nachlassenden Kondition geschuldet war. Letztendlich steckten uns aber allen 9 Partien in den Knochen. Ich griff zu und Ralf gab umgebend auf. Eine schöne Partie zum Abschluss konnte ich mit meinem einzigen Schwarzsieg im Turnierverlauf abschließen.
Das Turnier wird mir sehr positiv in Erinnerung bleiben. Ein tolles Spiellokal, das Hotel 300m entfernt, in einer schönen Stadt mit netten Restaurants machten den Ausflug zu einem gelungenen Erlebnis. Zudem lief es auch sportlich hervorragend. 4,5 Punkte aus 9 Runden, also exakt 50% Ausbeute hätte ich in diesem starken Teilnehmerfeld des A-Opens für unerreichbar gehalten. Und es wäre sogar noch mehr möglich gewesen, hätte ich in Runde 7 die klare Gewinnstellung gegen den FM verwertet. Platz 100 wurde es letztendlich für mich mit einem satten DWZ-Plus von 19 Punkten. Glücklich und mit reichlich neuen Erfahrungen im Gepäck konnte ich die Heimreise nach einem kurzen Abstecher nach Straßburg antreten.
Das Turnier gewann der Setzlistenfavorit Großmeister Eltaj Safarli aus Aserbaidschan vor Fidemeister Vadim Petrovskiy (Sportfreunde Bad Emstal) und Großmeister Alexandre Dgebuadze (SC Remagen-Sinzig).
Endstand beim 33. Staufer Open.