Gefühlt zum 28. Mal durften wir mitten im Winter unsere wohl weiteste Auswärtsreise nach Zerbst antreten. Unvergessen bleibt dabei das Schneechaos vor ein paar Jahren, welches Evi damals eine 11-stündige Heimfahrt einbrachte. Schnee war diesmal allerdings nicht in Sicht. Vielmehr hofften wir, dass endlich die ersten Mannschaftspunkte in Sicht sein werden und wir das Tabellenende verlassen können. Doch es ging denkbar schlecht los. Flori wurde mit dem Evans-Gambit überrascht, fand die richtigen Verteidigungszüge nicht und geriet schnell unter die Räder. Auch Tilo verpasste es nach gut gespielter Eröffnung einen wichtigen Zentrumsbauern einzuheimsen und berechnete dann ein Zwischenmatt falsch, was ihn eine Figur nebst Partie kostete. So rannten wir schon früh einem 0:2-Rückstand hinterher.
Mit einem hübschen Turmopfer schloss Frank seinen Mattangriff ab und erzielte den Anschlusstreffer, ehe Evi, noch im Mittelspiel befindlich, Remis annahm. Vielleicht auch besser so. In einer wilden Partie wechselte bis dahin mit jedem Zug der Vorteil.
Nach Remis sah es eigentlich auch bei HaJö aus bzw. hoffte ich sogar, dass das Leichtfigurenendspiel für uns minimal besser ist. Leider kam es anders, HaJö verlor einen Bauern und musste fortan ums Remis kämpfen, was nicht gelang. HaJö verlor. Mehr eingeplant war auch bei Dirk. Wie immer wusste niemand, was auf Dirks Brett passiert, inklusive beider am Brett sitzenden Spieler. So verlor Dirk den Faden und fand sich rasch in hoffnungsloser Stellung wieder. Vermutlich war aber auch dem Zerbster die Dominanz seiner Stellung nicht bewußt, sonst hätte er sicherlich weitergespielt und sich nicht mit einem Unentschieden zufrieden gegeben. Ein glückliches Remis für Dirk.
Beim Zwischenstand von 2:4 versuchten Thomas und ich nun zumindest noch einen Mannschaftspunkt zu retten. Ich griff zum positionellen Figurenopfer, wie ich es glaube noch nie zuvor aufs Brett gebracht habe. Fortan dominierte ich die Partie, bekam meine Figur irgendwann zurück, ließ in beidseitiger Zeitnot aber nochmal unnötig eine Rettungschance zu, die mein Gegner zum Glück auch nicht sah und verwertete dann doch zum vollen Punkt. Eine tolle Partie, die eigentlich nicht nochmal so spannend hätte werden sollen. Die persönliche Bilanz gegen meinen Dauer-Kontrahenten Thomas Wittmann (DWZ 1860) an Brett 1 hat noch nie ein Remis gesehen. Bei 6 Duellen gewann ich nun fünf und verlor eine Partie.
Eine mindestens genauso tolle Partie lieferte Thomas ab. Sein letzter Einsatz liegt mehr als 6 Monate zurück. Trotz der fehlenden Spielpraxis knüpfte Thomas sofort an seine Leistung aus der Vorsaison an und eroberte mit einer starken Idee einen Läufer seines knapp 300 DWZ-Punkte stärkeren Gegners. Die Mehrfigur verdichtete Thomas zu einem noch größeren Vorteil. Gleich 2 Damen standen Thomas zur Verfügung. Sein Kontrahent drückte jedoch mit Turm und 2 weit vorgerückten Bauern auf Thomas' König. In der 5. Stunde wurde es dann dramatisch. Thomas verblieben nur noch wenige Sekunden auf der Uhr und die Umherstehenden fieberten mit. Gut, wenn man in einer solchen Situation nicht selbst am Brett sitzt. Letztendlich reklamierte Thomas rechtzeitig auf dreimalige Stellungswiederholung bevor die Bedenkzeit endgültig ausging und sicherte sich so die Punkteteilung.
Wir gratulierten Thomas zum Erfolg, wussten in dem Moment aber auch, dass es erneut nicht zu einem Mannschaftspunkt gereicht hat. Dieser war diesmal definitiv in Reichweite. Mit 2,5/4 verpasste jedoch wiederholt unsere Vorderachse das vorgegebene Ziel von 3 bis 3,5 Punkten an den vorderen 4 Brettern. Zerbst/Roßlau ist uns damit enteilt und wir müssen uns solangsam ernsthaft Gedanken um den Klassenerhalt machen. Die nächste Chance, um die Wende einzuleiten gibt es bereits in 2 Wochen, wenn wir den Tabellenvorletzten VfL Gräfenhainichen II zum Abstiegsgipfel erwarten.